Wenn Politiker in der Corona-Krise wenigstens nur lügen würden!
Gastautor „F. Rust“ hat sich wieder einmal einem interessanten Thema angenommen. Nachdem er im letzten Gastbeitrag die Gemüter erregte und für allerlei Diskussion bei uns im Kommentarbereich sorgte, widmet er sich heute dem „Wahrheitswert“ in Aussagen. Wir danken (wieder einmal) herzlich für das Einsenden dieses Gastbeitrags und wünschen nun viel Spaß beim Lesen.
Dass Politiker es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, ist ein uralter Topos. Dass sie häufiger lügen, d.h. etwas behaupten, obwohl sie wissen, dass es nicht der Wahrheit entspricht, ist auch kein Geheimnis.
Nun ist das Lügen sicher keine löbliche Verhaltensform, aber es hat zumindest auch seine akzeptablen Aspekte. Man kann aus Taktgefühl heraus lügen oder aus Schamgefühl. Oder man kann lügen, um jemandem eine Wahrheit zu ersparen, von der man weiß, dass der Belogene sie nicht ertragen könnte.
In all diesen Fällen kennt der Lügende die Wahrheit. Er ist sich dessen bewusst, dass er lügt, und in der Regel erzeugt das Lügen in ihm ein schlechtes Gewissen oder zumindest ein Unbehagen. Wenn er beim Lügen ertappt wird, ist ihm dies meist peinlich. Oft versucht er, sich irgendwie herauszureden.
Solche Reaktionen zeigen, dass der Lügende die Wahrheit im Prinzip als einen (geistigen) ‚Wert‘ schätzt oder zumindest respektiert, dass die Wahrheit für ihn – wie (hoffentlich) für die meisten Menschen – eine Richtschnur für die geistige Orientierung ist.
Was sich jedoch seit dem 2. Quartal 2020 in immer deutlicheren Konturen zeigt, ist ein Phänomen, das der Philosoph Harry G. Frankfurt schon vor einigen Jahren in seinem Buch On Bullshit (deutsch: Bullshit) beschrieben hat: das Bullshitting. In dem Buch hat der englische Ausdruck „bullshit“ nicht die umgangssprachliche Bedeutung von Unsinn bzw. Quatsch. Vielmehr bezeichnet das bullshitting eine Verhaltensform, die durch eine vollständige Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit gekennzeichnet ist. Dem Bullshitter ist der Unterschied zwischen Lüge und Wahrheit völlig egal. Somit braucht er sich gar nicht mehr die Mühe machen zu lügen. Lügen kostet (geistige) Energie, mit der man angesichts der ‚Energie-Krise‘ lieber sparsam umgeht. Da es in den alten Medien keine Journalisten mehr gibt, die kritisch nachfragen, wenn ein Politiker, ‚Wissenschaftler‘ oder Funktionär lügt oder einen wichtigen Aspekt zu erwähnen ‚vergisst‘, kann er sich diese Mühe auch ‚kostenlos‘ sparen.
Aussagen werden von den Bullshittern unter den Politikern, ‚Journalisten‘, ‚Wissenschaftlern‘ und Funktionären nicht im Hinblick auf ihren Wahrheitsgehalt verwendet, sondern im Hinblick darauf, wie nützlich sie sind, um ein bestimmtes Ziel, eine bestimmte Methode, eine bestimmte Begründung plausibel erscheinen zu lassen. Der Wahrheitswert einer Aussage wird somit durch ihren Nutz-Wert ersetzt.
Dabei wird die Wahrheit kompromittiert durch widersprüchliche Behauptungen, durch gebrochene Versprechen, durch irreführende Aussagen, durch Nicht-Erwähnung relevanter Informationen, durch Tabuisierung bestimmter Wörter oder Aussagen („Impfnebenwirkungen“), durch systematische Bedeutungsverschiebungen, durch Umdefinieren („Impfung“, „Herdenimmunität“, „Pandemie“), durch Schaffung von emotional aufgeladenen Konnotationen.
Besonders perfide ist es, wenn ein Politiker behauptet, er hätte ‚schon immer‘ eine bestimmte Meinung vertreten, obwohl er nicht lange zuvor die genau gegensätzliche Meinung vertreten hat. Genau dies wurde jedoch gleich von mehreren ‚hochkarätigen‘ deutschen Politikern getan.
Da dem Bullshitter die Wahrheit nicht mehr als Orientierungspunkt dient, hat er – im Gegensatz zum ‚bloßen‘ Lügner – auch kein schlechtes Gewissen, verspürt er keinerlei Unbehagen beim Lügen. Dementsprechend zeigt er auch nicht die mikro-mimischen verräterischen Signale eines Lügenden, wie rot anzulaufen oder Verlegenheitssignale auszusenden, z.B sich am Ohr zu kratzen. Wahrscheinlich würde er auch einen Lügendetektor-Test mühelos bestehen, weil die einzigen Stellen, an denen höherer Blutdruck, schnellere Atmung oder größere Hautfeuchte angezeigt würden, jene Stellen wären, an denen der Lügende merken würde, dass seine Äußerungen selbst in seinen Ohren zu absurd klingen. Aber so etwas scheint in der Praxis gar nicht mehr vorzukommen. Und wenn doch, dann kann die Absurdität leicht durch Arroganz überspielt werden.
Perfekte Bullshitter lassen es erst gar nicht dazu kommen, nicht plausibel klingende Äußerungen von sich zu geben, sondern wenden zum Beispiel Ddie ‚Technik der selektiven Demenz‘ an. Andere Bullshitter erreichen gerade aufgrund ihrer anti-intellektuell volkstümlichen schwäbischen Hausfrauen-Logik oder aufgrund ihrer aus dem hohlen Bauch formulierten ad-hoc Begründungen eine starke Volksnähe und erzielen dadurch auf dem (manipulierten) Popularitätsbarometer der alten Medien hohe Werte.
Bei Interviews, die manche Politiker oder ‚Wissenschaftler‘ den Mainstream-Medien geben, hat man den Eindruck, sie spielten „Just a minute“, das von BBC’s Radio 4 gesendete panel game, bei dem es darum geht, eine Minute lang ohne Zögern, Abschweifung und Wiederholung über ein beliebiges Thema zu sprechen, das auf einer Karte vorgegeben wird. Beliebte Karten wären heute: „gefährliche Pandemie“, „Sicherheit und Nutzen von Impfungen“, „Maßnahmen zur Eindämmung von Pandemien“, „Warum man auf ‚die Wissenschaft‘ hören sollte.“, „Wie retten wir den Planeten vor der Klimakatastrophe?“
Wenn in einer solchen Spielrunde der gegenwärtige gegen den ehemaligen Gesundheitsminister antreten würde, müsste der ehemalige sich wohl mit einem Trostpreis abfinden: Er kann zwar besser ‚um die Ecke denken‘, aber er ist bei weitem nicht ein so ‚windungsfähiger‘ intellektueller Schlangenmensch wie der neue, bei dem es nur durch ein plötzliches ‚Einnicken‘ zum Zögern kommt.
‚Die Wahrheit‘ ist der wichtigste ‚Orientierungs-Wert‘ für eine rationale, evidenzbasierte, wissenschaftliche Orientierung, wie sie sich seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert in den westlichen Zivilisationen durchgesetzt hat. Erst in der Epoche der Aufklärung nahm das Wort „Wahrheit“ die Bedeutung von ‚durch den Verstand und die Vernunft erkannte Wahrheiten‘ an. Diese aufklärerische Bedeutung von „Wahrheit“ hat wesentlich zum Fortschritt der abendländischen Wissenschaft, Technik und Kultur beigetragen. Die auf dieser Bedeutung basierende Orientierung hat zur Entstehung der modernen Demokratien beigetragen und ist Voraussetzung für deren Existenz.
Bis Anfang 2020 hatte diese Orientierung im ‚normalen‘ nicht-religiösen Leben in den westlichen Zivilisationen unwidersprochen Geltung.
Das bedeutet nicht, dass vor 2020 nicht in großem Stile gelogen worden wäre oder dass ‚die Wahrheit‘ nicht in umfangreichen Maße unterdrückt worden wäre. Es bedeutet nur, dass ‚die Wahrheit‘ im Sinne der Aufklärung in unserer westlichen Demokratie als allgemein verbindlicher Wert anerkannt wurde. Wenn eine klar nachweisbare Missachtung ‚der Wahrheit‘ durch die öffentlich-rechtlichen Medien aufgedeckt wurde – und sogar Anfang 2020 kam das noch vereinzelt vor -, dann führte dies zumindest zu allgemeiner Missbilligung.
Die rational-wissenschaftliche Orientierung der Aufklärung löste die feudalistisch-religiöse Orientierung des Mittelalters ab, bei der ‚geoffenbarte‘, ‚in Glaubensbekenntnissen festgeschriebene‘, von weltlichen und kirchlichen Autoritäten ‚verkündete‘ Wahrheiten (geistige) Orientierung boten, bei der weltliche und kirchliche Autoritäten vorgaben, was gedacht und was geglaubt werden musste. Ein zentrales Merkmal des mittelalterlichen Wahrheitsbegriffs war es, dass es ‚Hüter der Wahrheit‘ gab: Autoritäten, die festlegten, was ‚wahr‘ war und was deshalb nicht ‚hinterfragt‘ werden durfte.
Seit dem von Klaus Schwab verkündeten „Great Reset“ scheint sich die Bedeutung des Wortes „Wahrheit“ wieder zurück zur eher mittelalterlichen Bedeutung zu wandeln. Es gibt wieder ‚Hüter der Wahrheit‘ und damit verbunden wird von den Bürgern westlicher Demokratien eine feudalistisch-quasireligiöse Orientierung eingefordert.
Ein exemplarisches Beispiel einer solchen Einforderung bot Prof. Wieler, als er am 28.07.2020 in Bezug auf Corona-Verhaltensregeln in der Bundespressekonferenz vor erwachsenen ‚Journalisten‘ (und nicht etwa im Kindergarten oder vor einer Grundschulklassen) sagte:
Diese Regeln werden wir noch monatelang einhalten müssen, die müssen der Standard sein, die dürfen überhaupt nicht hinterfragt werden! […] das sollten wir einfach so tun.
Der in dieser Pressekonferenz angeschlagene Ton ist inzwischen zum Standard (gesundheits)politischer (und klima-politischer)‚Argumentation‘ geworden.
In Bezug auf alle ‚Fachaussagen‘, die von einer kleinen Gruppe von Politikern und ‚Experten‘ gemacht werden, wird eine gehorsame, unterwürfige Grundhaltung erwartet. Zu dieser erlauchten Autoritätsgruppe gehören vor allem Prof. Drosten, Prof. Wieler, der jeweilige Gesundheitsminister, die frühere Bundeskanzlerin und der jetzige Bundeskanzler und – last but not least – Bill Gates, dessen ‚Glaubensbekenntnis‘, dass die Pandemie erst beendet sei, wenn alle Menschen auf der Welt geimpft sind, von fast allen ‚Staatslenkern‘ nahezu wortgetreu abgelegt wurde. Fachaussagen von anderen, hochqualifizierten Wissenschaftlern und praktisch tätigen Ärzten finden nur in alternativen Medien Gehör.
Eine ähnliche Grundhaltung findet sich in den allermeisten meisten Urteilen von Gerichten, die sich ‚in blindem Vertrauen‘ auf das ‚gesundheitspolitische Urteil‘ des Robert-Koch-Instituts verlassen, selbst wenn ihnen eine Vielzahl von Studien vorgelegt werden, die dem ‚Verstand und Vernunft nutzenden‘, objektiv Urteilenden klar machen sollten, dass das ‚blinde Vertrauen‘ in die Urteilskraft des RKI nicht gerechtfertigt ist.
Wird nun der rational-wissenschaftliche Wahrheitsbegriff in der Corona-Krise durch dreisten, ‚einstimmigen‘, inflationären Gebrauch von Lügen, Täuschung und Verschweigen von ‚Wahrheiten‘ ‚wertlos‘, weil er in den ‚Steuerungszentralen‘ der Gesellschaft, in den Medien und damit in der öffentlichen Diskussion keine Rolle mehr spielt, dann wird dem Bürger die rationale, auf Wissen, rationalem Diskurs und ‚Werten‘ beruhende Orientierung unmöglich gemacht. Eines der Grundbedürfnisse des Menschen, das Bedürfnis nach (geistiger) Orientierung, wird somit frustriert. Darunter leidet der Mensch; seine (geistige) Gesundheit wird gefährdet. Er ‚versteht die Welt nicht mehr‘ und versucht schließlich auch gar nicht mehr, sie rational zu verstehen. Ein unbewusstes Gefühl der Ohnmacht übermannt ihn. Er resigniert, wird gleichgültig, apathisch und möglicherweise depressiv. Diese Entwicklung wird durch unsinnige, widersprüchliche, willkürliche, nicht-begründete oder auf Pseudo-Begründungen beruhende Verhaltensanweisungen noch verstärkt.
Ist es nicht mehr möglich, individuelle (geistige) Orientierung auf rationale Weise zu finden, sucht der Mensch wie in vor-aufklärerischen Zeiten Orientierung bei den gesellschaftlichen Autoritäten. Er wird zum mitläuferischen Opportunisten, ordnet sich gänzlich der von den ‚Autoritäten‘ gelenkten Gruppe unter und sucht Anerkennung in der Gruppe, indem er deren Regeln möglichst 100-prozentig befolgt, mögen sie auch noch so sinnfrei sein. Er unterwirft sich der „anonyme[n] Autorität der öffentlichen Meinung“ (Erich Fromm). Sein individuelles Gewissen wird ersetzt durch das Bedürfnis, sich anzupassen und die Billigung seiner Mitmenschen zu finden. Er verdrängt Gedanken und Gefühlen, die von der Gesellschaft für tabu erklärt werden. Ähnlich wie ‚karrieregeile Aufsteiger‘ oder die Kinder von Alkoholikern bzw. missbrauchenden Eltern versucht er zu erahnen, was der ‚Gruppenführer‘ von ihm erwartet, und entsprechend zu handeln. Er neigt somit zu ‚vorauseilenden Gehorsam‘. Er wird fügsam und lenkbar. Was der ‚Gruppenführer‘ oder ein als solcher fungierender Politiker, ‚Journalist‘, ‚Wissenschaftler‘ oder Funktionär als ‚wahr‘ behauptet, wird als wahr akzeptiert, auch wenn die Begründung – wenn überhaupt eine als nötig erachtet wird – in den Ohren eines rational denkenden Menschen noch so absurd klingt. Er entwickelt eine angstbesetzte, leicht ins Aggressive umschlagende Abwehr gegen jeglichen Versuch, seine propaganda-induzierte Meinung in Frage zu stellen. Jetzt bestimmt allein der Herdentrieb die Orientierung; die Vernunft spielt keine Rolle mehr.
Da allmählich auch einige öffentlich-rechtliche Programme Impfnebenwirkungen und andere schädliche Aspekte beim Umgang mit der Krise thematisieren und die Zahl der mit ‚Long Covid‘ ‚in einen Topf geworfenen‘ Impfnebenwirkungen rapide zunimmt, ist zu hoffen, dass wieder mehr Menschen versuchen, ihre (geistige) Orientierung im vernünftigen, rationalen Umgang mit der Corona-Krise zu finden, und ‚die Herde verlassen‘.
Andernfalls besteht die Gefahr, dass die demokratischen Gesellschaften ihre Existenzgrundlage verlieren und sich zu autoritären oder gar totalitären Staaten entwickeln.
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