Wir hatten bereits darüber berichtet, dass unser Bundesgesundheitsminister, Karl Lauterbach, versucht hat die Evaluierung der Corona Maßnahmen zu behindern und zu verzögern bzw. sogar ganz zu unterbinden. Zwischenzeitlich ist dann auch Christian Drosten aus dem „Expertenrat“ ausgeschieden und wurde durch Veterinärmediziner Klaus Stöhr ersetzt.
Heute ist nun die „Evaluation der Rechtsgrundlagen und Maßnahmen der Pandemiepolitik – Bericht des Sachverständigenausschusses nach §5 Abs. 9 IfSG“ – erschienen.
Werfen wir kurz einen Blick in diesen Paragraphen aus dem IfSG:
Das Bundesministerium für Gesundheit beauftragt eine externe Evaluation zu den Auswirkungen der Regelungen in dieser Vorschrift […] im Rahmen der Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie und zu der Frage einer Reformbedürftigkeit. Die Evaluation soll interdisziplinär erfolgen und insbesondere auf Basis epidemiologischer und medizinischer Erkenntnisse die Wirksamkeit der auf Grundlage der in Satz 1 genannten Vorschriften getroffenen Maßnahmen untersuchen.
Die Evaluation soll durch unabhängige Sachverständige erfolgen, die jeweils zur Hälfte von der Bundesregierung und vom Deutschen Bundestag benannt werden.
Das Ergebnis der Evaluierung soll der Bundesregierung bis zum 30. Juni 2022 vorgelegt werden. Die Bundesregierung übersendet dem Deutschen Bundestag bis zum 30. September 2022 das Ergebnis der Evaluierung sowie eine Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Ergebnis.
Quelle: §5 Abs. 9 IfSG
Der Bericht wurde erst heute, also am 01.07.2022 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – also einen Tag später, als ursprünglich vorgesehen. Wobei der Bericht auf 30.06.2022 datiert ist.
In dem Ausschuss waren insgesamt 19 Personen beteiligt, die direkt auf den Seiten 2 und 3 im Bericht aufgeführt sind – darunter auch „bekannte Gesichter“, wie Hendrik Streeck oder Klaus Stöhr. Allerdings ist es natürlich nicht überraschend, wohin „die Reise“, bei von der Bundesregierung und vom Bundestag ausgewählten „Experten“, geht.
Der Bericht ist heute auch in nahezu allen „Quantitätsmedien“ das große Thema – allerdings wird fast ausschließlich davon gesprochen, dass der Abschlussbericht „exklusiv“ vorliegt. Deshalb veröffentlichen wir den 160 Seite starken Bericht vollständig hier zum Download auf dem Blog.
Der Tenor in den Quantitätsmedien ist dabei: die Datenlage ist weitestgehends unklar. Beispielsweise zitiert die Tagesschau den „Grünen Gesundheitsexperten Janosch Dahmen“, der sagt:
Die Abwesenheit von Evidenz zur Wirksamkeit ist keine Evidenz für die Abwesenheit von Wirksamkeit
Quelle: Tagesschau
In Corona kritischen Kreisen wird dagegen der Bericht gefeiert. Von einem „katastrophalen Zeugnis für die Bundesregierung“ ist da beispielsweise die Rede.
Nun ja – wenn man den Bericht interpretiert, dann kann das vielleicht dabei herauskommen. Aber nach einem ersten Lesen stellen wir fest: die Kritik im Bericht fällt eher minimalistisch aus und ist zwischen den Zeilen versteckt. Das ist natürlich auch bei der „Expertenauswahl“ kein Wunder. Aber zumindest wir können keinen „großen Paukenschlag“ erkennen. Beispielsweise heißt es in einem Auszug zum Thema „Datenmanagement“:
Um Impfeffektivität und -nebenwirkungen sicher bewerten zu können, ist ein datengesichertes bundesweites Vorgehen etwa durch die Einführung einer elektronischen Patientenakte, eines nationalen Impfregisters oder einer Registrierung, Auswertung und gezielten Ansprache der Versicherten durch ihre jeweilige Krankenkasse notwendig.
Man erkennt also: keine Kritik, an falschen Versprechen von RKI und PEI, was das Thema „Impfeffektivität“ angeht. Auch keine Kritik daran, dass die Bundesregierung eine gigantische Impfkampagne quasi „im Blindflug“ durchführt – ja sogar befeuert bzw. eine „quasi Impfpflicht“ im Gesundheitswesen und für Soldaten umsetzt. Wohlgemerkt: ohne „Nebenwirkungen sicher bewerten zu können“, wie es im Gutachten steht. Weiter keine Kritik an der Methodik des PEI, die Nebenwirkungen zu erfassen – wir sagen beispielsweise nur „Stichwort Dunkelzifferrate“.
Aber es kommt noch besser. In dem Gutachten befindet sich eine „Infobox: Kernpunkte einer guten Impfkommunikation“, die wir hier vorstellen wollen:
Die Impfung großer Bevölkerungsanteile gilt als zentraler Baustein für eine nachhaltige Pandemiebewältigung. Ein entscheidender Faktor für das Erreichen hoher Impfquoten in Deutschland ist die Impfkommunikation. Jedoch standen und stehen Entscheidungsträgerinnen und -träger auf Bundes- und Landesebene insbesondere hierfür in der Kritik.
Die Ausgangslage für eine hohe Impfquote war in Deutschland bemerkenswert gut: In Umfragen gaben im April 2020 noch mehr als 70 Prozent der Befragten ihre Bereitschaft zur COVID-19-Impfung an. Bis Dezember 2020 sank dieser Wert allerdings auf unter 50 Prozent. Hier hätte eine frühzeitige, gezielte, vielschichtige, abgestimmte und umfassende Kommunikationsstrategie sehr wahrscheinlich dem Vertrauensverlust entgegenwirken können. Besondere Herausforderungen bei der COVID-19-Impfkommunikation waren der wachsende Informationsbedarf vor dem Hintergrund der schnellen Impfstoffentwicklung und die Notwendigkeit zur Einbindung und schnellen Mobilisierung möglichst großer Bevölkerungsanteile. Für den Winter 2022/23 sollte die Impfkommunikation verbessert werden.
Auch der faire Umgang mit Menschen mit einer eher kritischen oder ablehnenden Haltung zur Impfung trägt viel zur öffentlichen Wahrnehmung des Themas bei. Diese Gruppe sollte nicht pauschal verurteilt oder gar diskriminiert, sondern auf Augenhöhe und mit Respekt behandelt werden, auch wenn ihre Haltung als nicht nachvollziehbar erscheint
Wieder wird hier klar, wohin die Reise gehen soll. Man geht direkt von der Grundannahme aus, dass eine hohe Impfquote der Schlüssel aus der Pandemie ist – ohne diese in Frage zu stellen. Dass wir in Deutschland nun keine „extrem hohe Impfquote“ haben, ist für die Experten dann schlicht ein „Kommunikationsproblem“. Man beachte: zum 31.03.2022 waren in Deutschland über 85% der Erwachsenen gegen Corona geimpft – hier würden die „Experten“ wohl gerne noch mehr sehen.
Das Ganze wird dann abgerundet von einem farbigen Kasten, mit Tipps zum „Erhöhen der Impfquote“:
Wir wollen an dieser Stelle das Gutachten gar nicht im Detail analysieren, sondern lediglich das Fazit zu verschiedenen Maßnahmen der Bundesregierung aus dem Gutachten wiedergeben. Unserer Meinung nach fallen allesamt sehr verhalten aus und sprechen für sich Bände:
Lockdown
Aufgrund der biologischen und physikalischen Plausibilität gibt es keinen Zweifel, dass generell die Reduktion enger physischer Kontakte zur Reduktion von Infektionen führt. Gerade zu Beginn einer Pandemie ist es sinnvoll, die Übertragung in der Bevölkerung soweit es geht zu reduzieren, um das Gesundheitssystem auf die bevorstehende Krankenlast einzustellen und um, wenn möglich, den Ausbruch lokal zu begrenzen. Wenn erst wenige Menschen infiziert sind, wirken Lockdown-Maßnahmen deutlich stärker. Je länger ein Lockdown dauert und je weniger Menschen bereit sind, die Maßnahme mitzutragen, desto geringer ist der Effekt und umso schwerer wiegen die nicht-in-tendierten Folgen. Die Wirksamkeit eines Lockdowns ist also in der frühen Phase des Containments am effektivsten, verliert aber den Effekt wiederum schnell.
Kontaktnachverfolgung
Ähnlich wie bei den Lockdown-Maßnahmen, ist die Kontaktnachverfolgung in der Frühphase der Pandemie („Containment“) wirksam. Neben dem durchaus über Jahre angereicherten Erfahrungswissen der Gesundheitsämter sollte dringend erforscht werden, unter welchen Prämissen (unter anderem Erreger-Generationszeit, Testqualität, Zeitpunkt der Infektiosität vor oder nach Symptomen, Nachverfolgbarkeit) der Nutzen der Kontaktpersonennachverfolgung (KPN) im Vergleich zum Anraten des „Zuhausebleibens“ bei Symptomen überwiegt. Zudem ist eine bessere Digitalisierung der Infektionserfassung mit bundesweit einheitlichen Systemen in Zukunft unabdingbar.
2G/3G Maßnahmen
Der Effekt von 2G/3G-Maßnahmen ist bei den derzeitigen (und betrachteten) Varianten in den ersten Wochen nach der Boosterimpfung oder der Genesung hoch. Der Schutz vor einer Infektion lässt mit der Zeit jedoch deutlich nach. Außerhalb der Phase des Containments ist das Beurteilen des Effekts von 2G/3G mit Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden. Ist man aufgrund eines hohen Infektionsgeschehens und einer (drohenden) Überlastung des Gesundheitswesens gezwungen, Zugangsbeschränkungen einzuführen, so ist bei den derzeitigen Varianten und Impfstoffen eine Testung unabhängig vom Impfstatus als Zugangsbedingung zunächst zu empfehlen. In Anbetracht der leichten Übertragbarkeit von SARS-CoV-2 in der derzeitig vorherrschenden Omikron-Variante bei Geimpften sowie der Impf- und Genesungsquote ist allerdings begleitend zu erforschen, wie gut eine Eindämmung über Testung funktionieren kann.
Schulschließungen
Die genaue Wirksamkeit von Schulschließungen auf die Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus ist trotz biologischer Plausibilität und zahlreicher Studien weiterhin offen, auch, weil im schulischen Bereich eine Reihe von Maßnahmen gleichzeitig eingesetzt wurden und damit der Effekt von Einzelmaßnahmen nicht evaluiert werden kann. Die deutlichen wissenschaftlichen Beobachtungen und Studien zu nicht-intendierten Wirkungen sind wiederum nicht von der Hand zu weisen. Da Kinder durch Schulschließungen besonders betroffen sind, sollte eine Expertenkommission die nicht-intendierten Auswirkungen dieser Maßnahme unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls genauer evaluieren.
Masken und Maskenpflicht
Die Kombination von epidemiologischen Erkenntnissen und tierexperimenteller Bestätigung lässt die Schlussfolgerung zu, dass das Tragen von Masken ein wirksames Instrument in der Pandemiebekämpfung sein kann. Eine schlechtsitzende und nicht enganliegende Maske hat jedoch einen verminderten bis keinen Effekt. Die Effektivität hängt daher vom Träger oder der Trägerin ab. Deshalb sollte zukünftig in der öffentlichen Aufklärung und Risikokommunikation ein starker Schwerpunkt auf das richtige und konsequente Tragen von Masken gelegt werden. Die epidemiologisch messbare Wirksamkeit von Gesichtsmasken ist zwar durch mehrere Evidenzgrade belegt, aber gerade im Hinblick auf die unterschiedlichen Bewertungen von chirurgischer und FFP2-Maske nicht abschließend zu beurteilen. Alltagsmasken erreichen im Vergleich zu medizinischen Masken eine unsichere Schutzwirkung. Da die Übertragung des Coronavirus im Innenbereich ungleich stärker als im Außenbereich ist, sollte eine Maskenpflicht zukünftig auf Innenräume und Orte mit einem höheren Infektionsrisiko beschränkt bleiben.
Eine generelle Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken ist aus den bisherigen Daten nicht ableitbar. In Risikosettings, wie medizinischen oder pflegerischen Bereichen, sollte aus hygienischer Sicht zum Fremd- und Selbstschutz aber die FFP2-Maske präferiert werden. Die Evaluationskommission empfiehlt eine systematische Literaturrecherche, ggf. auch eine experimentelle Untersuchung mit einer anschließenden epidemiologischen und fachärztlich-hygienischen Bewertung unter Berücksichtigung arbeitsmedizinischer Belange für die Evaluation von FFP2- versus medizinischen Masken.
Hier noch das gesamte Gutachten zum Download bei uns:
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