Maskenpflicht im heimischen Wohnzimmer? Kommt darauf an, wo Sie leben.

Die pensionierte Anwältin, die hier schon zahlreiche Beiträge unter dem Pseudonym „Margot Lescaux“ verfasste, hat schon im Februar ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts analysiert. Später hat sie sich mit den Gesetzesentwürfen zur anstehenden „Allgemeinen Impfpflicht“ befasst und die Thematik aufgegriffen, weshalb die Corona Impfstoffe auf so „wunderbare Weise“ ganz unbürokratisch immer wieder ein längeres „Haltbarkeitsdatum“ bekommen.
Außerdem hat sie Textbausteine für Flyer gestaltet. In diesem Beitrag analysiert sie ein brandaktuelles Thema – die Vorschriften zum Thema Maskenpflicht in Pflegeeinrichtungen. Wir danken vielmals für den Gastbeitrag, der schon vor ein paar Tagen den Weg in unseren Posteingang gefunden hat und bis jetzt auf die Veröffentlichung warten musste.

§ 28 b IfSG in der ab dem 1. Oktober 2022 geltenden Fassung enthält eine Regelung, die derzeit erheblichen Unwillen sowohl bei Wohlfahrtseinrichtungen und Pflegeheimen als auch bei Patientenschutzvereinigungen hervorruft.

In § 28 b Absatz 1 Nummern 3 – 5 ist geregelt, in welchen Einrichtungen des Gesundheitswesens eine FFP2-Maske zu tragen ist. Zum Beispiel, aber nicht abschließend, in Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen der medizinischen Versorgung und in voll- oder teilstationären Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von alten, behinderten oder pflegebedürftigen Menschen.

Nach § 28 b Abs. 1 Satz 7 gilt diese Pflicht NICHT für Personen, die in derartigen Einrichtungen behandelt, betreut, untergebracht oder gepflegt werden „in den für ihren dauerhaften Aufenthalt bestimmten Räumlichkeiten“.

Was bedeutet das konkret? Nach offenbar einhelliger Meinung von Politikern sowie Betreibern von Pflegeheimen und Behindertenwerkstätten oder von Patientenschutzvereinigungen etc. bedeutet das, dass diese Menschen in ihren persönlichen (Schlaf-)Zimmern – sofern vorhanden – keine Maske tragen müssen. In allen anderen Räumlichkeiten der Einrichtung aber wohl.

Also Maske:

in den Speisesälen, Aufenthaltsräumen, Fernsehzimmern, auf den jeweiligen Fluren dorthin in den Altenpflegeheimen;in den Räumlichkeiten einer Tagespflege, in denen die Gäste in der Regel ja überhaupt gar kein eigenes Zimmer haben, da sie zum Schlafen wieder nach Hause gebracht/geholt werden;in einer Behindertenwerkstätte.

Hier kommt jetzt m.E. ein großer Widerspruch ins Spiel. Die Kritiker dieser Regelung sagen, diese Verpflichtung wäre unzumutbar, da die Bewohner sich ja überwiegend bzw. tagsüber hauptsächlich in diesen Gemeinschaftsräumen aufhalten und diese somit als ihr Wohnzimmer, ihr Esszimmer, anzusehen wären. Dort halten sie sich auf, dort essen sie, dort gehen sie einzeln oder gemeinsam irgendwelchen Beschäftigungen nach. Zu Hause in seinem Wohnzimmer müsse ja auch niemand eine Maske tragen.

Das ist alles richtig. Und es ist mehr als nur unzumutbar. Es ist vorsätzliche Körperverletzung.

Nur – wenn es richtig ist, warum werden dann diese Räume, die quasi dem Wohnzimmer einer Wohnung oder einer Wohngemeinschaft gleichgestellt werden können, nicht von vornherein unter den Begriff „zum dauerhaften Aufenthalt“ subsumiert?

Was sind die dauerhaften Aufenthaltsräume in einer Privatwohnung? In einer Wohngemeinschaft? Nur das / die Schlafzimmer? Oder auch die Küche, der Gemeinschaftsraum, der Flur zum Bad? Verliert das Wohnzimmer seinen Status als Raum des gewöhnlichen Aufenthaltes bloß deshalb, weil mehrere Menschen in einer Wohnung leben? Bloß, weil einer der Bewohner Besuch bekommt, der dann auch dort herumläuft und in Kontakt zu den anderen Bewohnern tritt?

Die Antwort lautet ganz eindeutig: Nein. Warum deutet man das dann in den erwähnten Einrichtungen anders?

Jedenfalls wird diese gesetzliche Regelung zunehmend kritisiert. Es wird gefordert, dies zu ändern, damit Menschen, die in Einrichtungen leben oder sich dort bis zu 16 Stunden am Tag aufhalten, nicht strenger schikaniert werden, als Menschen, die zu Hause leben und sich in ihren Wohn- und sonstigen Aufenthaltsräumen frei bewegen können.

Nun wurde eine erste Verfassungsbeschwerde eingelegt, verbunden mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung. Beschwerdeführer sind Einrichtungen der Lebenshilfe der Region Mittelbaden. Sie wenden sich gegen die Maskenpflicht in Werkstätten bzw. in Wohneinrichtungen für behinderte Menschen.

Es ist zu hoffen, dass weitere Verfassungbeschwerden folgen werden.

Die Politiker verteidigen natürlich diese Regelung und auch die enge Interpretation des Begriffes „dauerhafter Aufenthaltsraum“.

Ein Beitrag im mdr zitiert Karl Lauterbach und Andrew Ullmann (FDP).

Herr Lauterbach verweist auf „die geringe Impfbereitschaft der Pflegekräfte“. Deshalb und solange die Impflücken so groß seien, sollten die Bewohner nun „so viel wie möglich“ Maske tragen.
Ein weiterer Versuch, gesellschaftliche Gruppen zu spalten, Menschen gegeneinander aufzuhetzen und dem Pflegepersonal die Pistole eines schlechten Gewissens auf die Brust zu setzen. Lasst euch alle impfen, sonst werden eure Schützlinge weiter gequält und schikaniert. Und vielleicht auch eine Reaktion auf den von ihm sicher nicht gewünschten Wegfall der einrichtungsbezogenen Nachweispflicht zum 31. Dezember diesen Jahres.

Andrew Ullmann sagt über die Regelung: „die bleibt“. Es sei die Verantwortung, „vulnerable Menschen zu schützen“.

Hierzu empfehle ich einen aufrüttelnden Kommentar in der Saarbrücker Zeitung unter der Überschrift „Senioren zu Tode beschützt“. Der Artikel ist leider hinter einer Bezahlschranke, findet sich aber in einem twitter-Kommentar von Stefan Homburg:

Sieht so der Schutz aus von Menschen, die wegen Alter, Krankheit, Behinderung eine ohnehin eingeschränkte bzw. schwindende Lebensqualität haben?
Sieht so der Schutz aus von schwerhörigen Senioren, die das Maskengenuschel ihrer Leidensgenossen kaum noch verstehen können?
Sieht so der Schutz aus von dementen oder altersverwirrten Menschen, die ihre Pfleger und Mitbewohner teilweise nur noch mit Mühe und Not erkennen und identifizieren können?

Wenn das BVerfG es erneut nicht über sich zu bringen vermag, dem Wüten übergriffiger Politiker endlich Einhalt zu gebieten und endlich einmal eine der unzähligen unsäglichen Regelungen des IfSG, nämlich die Maskenpflicht im Gesundheitswesen, als grundrechtswidrig einzukassieren, dann soll es sich zumindest dazu durchringen, sich auf den Ausweg der „verfassungskonformen Auslegung“ zu flüchten.

Wenn der Begriff „zum dauerhaften Aufenthalt bestimmt“ so ausgelegt wird, dass hiervon alle Räumlichkeiten umfasst sind, die den Bewohnern von Heimen, den Nutzern oder Gästen von z.B. Tagespflegeeinrichtungen für mehrere Stunden am Tag frei zugänglich sind, könnte dieser menschenunwürdigen Schikane ein Ende gemacht werden.

Der Tag hat 24 Stunden. Wenn jemand vielleicht 8 Stunden in seinem Schlafraum verbringt und sich den Rest der Zeit in den diversen Räumlichkeiten eines Alten-/Pflegeheimes, einer Tagespflegeeinrichtung oder einer Behindertenwerkstatt aufhält oder aufhalten könnte – wo hält er sich dann dauerhaft auf? 24 Stunden am Tag ist er auch nicht in seinem Schlafzimmer. Also muss der Begriff „dauerhaft“ interpretiert und ausgelegt werden.

Jedenfalls das Gesundheitsministerium in Bayern hat den Beschwerden inzwischen insoweit Rechnung getragen, als dass die Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken in Behindertenwerkstätten entfällt. Bayern hat sich somit dazu entschieden, in diesem Teilbereich die gesetzliche Formulierung „praxistauglich auszulegen“, wie der Bayerische Rundfunk meldet.

Dies entspricht der hier angesprochenen „verfassungskonformen Auslegung“ jedenfalls für den Bereich der Werkstätten für behinderte Menschen. Eine hinreichende Rechtssicherheit ist dadurch jedoch nicht gegeben. Die Betroffenen sind davon abhängig, ob und inwieweit in ihrem Bundesland die gesetzliche Regelung mehr oder weniger einsichtig ausgelegt und angewendet wird.

Die Richter des Bundesverfassungsgerichtes bekommen erneut die Möglichkeit, das unantastbarste und wichtigste Grundrecht überhaupt zur Geltung zu bringen und im Interesse der Menschen anzuwenden:

Artikel 1 GG: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Legaldefinition: Der Mensch darf nicht zum Objekt staatlichen Handelns gemacht werden.

Wann wird diesen Grundsätzen endlich wieder Rechnung getragen?

Quelle

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