Lauterbach: Wahn und Wirklichkeit – Eine Analyse

Angeregt durch einen Tweet von Lauterbach_flashback habe ich nachgesehen, was unser Gesundheitsminister uns vor einem Jahr erzählte und wie sich die Wirklichkeit gestaltete:

twitter.com (25.3.21)

Wie sah die Entwicklung damals aus?

Tatsächlich wuchs die Zahl der „Fälle“ bis zum 25. April auf 3.510 pro Million, also auf 351 pro 100.000, um danach rapide zurückzugehen.

ourworldindata.org

In seinem Tweet hatte Lauterbach auf einen Artikel im „Tagesspiegel“ verwiesen, in dem unter der Überschrift „Berliner Forscher warnen vor 2000er-Inzidenz im Mai“ zu lesen ist:

»Die dritte Welle der Covid-19-Pandemie könnte zu deutlich höheren Inzidenzen führen als die zweite. Das ist das Ergebnis einer neuen Modellierung vom Fachgebiet Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik von Kai Nagel an der TU Berlin.

An der steigenden Inzidenz könne den Simulationen zufolge die Corona-Notbremse, wie sie auf dem Corona-Gipfel am Montagabend beschlossen wurde, das fortschreitende Impfprogramm und das wärmere Wetter im Frühjahr nichts ändern.

Bei Fortsetzung des derzeitigen Impftempos würden Mitte April knapp 15 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Erstimpfung haben. 

„Das senkt den R‑Wert ungefähr um 15 Prozent und ist damit deutlich zu wenig, um die durch die Virus-Variante B.1.1.7 verursachte Erhöhung des R‑Wertes um 35 bis 70 Prozent auszugleichen“, erklärt Kai Nagel. Selbst eine 50-prozentige Erhöhung des Impftempos ab 1. April würde daran nichts mehr ändern. Die Reproduktionszahl ® bezeichnet die Anzahl der Menschen, die im Durchschnitt von einer infizierten Person angesteckt werden. 

Ausbremsen könne die dritte Welle aber immerhin der massive Einsatz von Tests von Tests [sic]. Allerdings auch nur im bedingten Rahmen, wie eine Modellierung zeigt…

Werden in Schulen und Kitas einmal pro Woche Schnelltests gemacht, so liegt der Inzidenz-Peak nur noch bei 1600. Werden die Tests dreimal pro Woche gemacht, erreicht die Inzidenz ihren höchsten Wert Ende April/Anfang Mai und liegt dann bei 1200.«

Selbst, wenn allerorten getestet werde, würden die „Fallzahlen“ zwar sinken.

»Die schlechte Nachricht aber ist: „Im besten Fall nur auf das Niveau der zweiten Welle Ende Dezember 2020″.«

Diese hatte ihren Höchststand am 23.12.2020 erreicht mit 4.168 Fällen pro einer Million Ew.  und war danach ebenfalls rasant zurückgegangen.

»Allein für Berlin würde das die Durchführung von rund 3,4 Millionen Tests pro Woche bedeuten. Personen, die dabei positiv getestet werden, müssten sich sofort in Quarantäne begeben und dort das Ergebnis eines PCR-Tests abwarten. Ohne vorherigen Schnelltest oder das Tragen einer Maske empfehlen die Experten auf Kontakte in Innenräumen zu verzichten…

Das Team um Nagel nutzt seit Mitte des Jahres 2020 Daten aus der Verkehrsplanung, um ein neu entwickeltes Modell zur Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV‑2 unter verschiedenen Annahmen zu modellieren. Die Ergebnisse werden regelmäßig mit den Regierungen des Bundes und der Länder geteilt.«

Nun ist es nicht so, daß der seit Jahren kolossal daneben liegende Prof. Nagel keine Rolle mehr spielte. Zuletzt wurde hier berichtet in Nagelfeiler im Wortlaut. „Aushäusige Aktivitätendauern für Berlin und Köln“ und die BA.2‑Variante. Weitere Beiträge sind zu finden mit https://www.corodok.de/?s=kai+nagel.

Ein interessanter Beitrag zum Thema ist am 16.6.2019 erschienen auf deutschlandfunk.de. Dort ist zu erfahren:

»PsychosenWahn und Wirklichkeit

Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass Psychopharmaka allein gegen Wahnvorstellungen nicht helfen. Spezielle Verfahren der Psychotherapie versuchen deswegen, die wahnhaften Ideen der Betroffenen in Frage zu stellen…

„Das Normale ist ja, dass ein Psychotiker keine wirkliche Krankheitseinsicht hat, zumindest zum Anfang seiner Erkrankung nicht. Und dann kommen die ja nicht, Herr Voigt, ich bin verrückt, machen Sie mal was. Sondern die denken, das ist wahr. Das ist ja kein Glaube für die, das ist eine Gewissheit, verfolgt zu werden. Die glauben das nicht, die wissen das.“
 
Ich sitze im Therapieraum von Jürgen Voigt auf dem Sessel, auf dem sonst seine Patienten sitzen. Ein bequemer Lederschwinger mit hoher Lehne, auf dem man sich sicher fühlen kann. Der Berliner Psychotherapeut – graue Haare, ein nachforschendes freundliches Gesicht – sitzt mir mit etwas Abstand gegenüber. Ungefähr ein Drittel seiner Patienten leiden an Psychose. Ungewöhnlich viele für einen niedergelassenen Psychotherapeuten:
 
„Ich bin ja auch so sozialisiert. Also, das war früher völlig klar, man darf da gar nicht dran rühren, an diesem Wahnsystem. Wenn man da auch nur drüber redet, dann verfestigt man das nur. Das ist nicht behandelbar, das war völlig klar, Wahn ist nicht korrigierbar. Das Einzige, was man tun kann, ist Tabletten geben.“…
 

„Psychotische Patienten erzählen oft , dass sie in der Anfangsphase ein diffuses Gefühl der Angst hatten, was aber sehr stark war, aber keine wirkliche Erklärung hatte. Ein Überschwemmtwerden von einer negativen Emotion. Dann bastelt man eine Erklärung daraus und die Art diffuser Angst lässt nach und das erleben die als Entlastung. Weil es gibt eine Erklärung, das Kind hat einen Namen. Dann entstehen neue Ängste. Weil verfolgt zu werden, macht auch Angst. Aber das ist eine andere Angst, weil die nicht mehr so diffus ist. Man kann sie benennen, man kann sie erklären.“…

Denkverzerrungen nachvollziehbar, Übergänge fließend

 
Die Psychologin Tania Lincoln leitet eine Ambulanz für Psychosentherapie an der Universität Hamburg. Wichtig sei es, den Patienten zu vermitteln, dass ihre Vorstellungen nicht verrückt sind, sondern logisch erklärbar: Sie haben bestimmte Ereignisse übertrieben interpretiert. Denn grundsätzlich sind viele Denkverzerrungen, die bei psychischen Störungen vorkommen, nur allzu menschlich: Wir haben alle gerne feste Vorstellungen von der Welt. Deswegen nehmen wir Informationen, die unsere Überzeugungen bestätigen, stärker wahr als solche, die ihnen widersprechen. Das Festhalten an Überzeugungen hilft uns, die Welt zu sortieren. Allerdings laufen wir dabei immer Gefahr, uns zu verrennen. Sogar Halluzinationen haben viele Menschen auch ohne eine psychische Störung schon einmal in der einen oder anderen Form erlebt:
 
„Es ist nicht so, dass es so eine klare Grenze zwischen gesund und krank gibt, sondern es sind fließende Übergänge. Und, ja, die meisten Menschen haben so etwas wie paranoide Gedanken manchmal, manche auch stärker.“…
 

Psychotische Patienten häufig mit negativem Selbstbild

 
Die kognitive Psychologie geht aber von weiteren Faktoren aus, die bei der Entstehung der Störung eine Rolle spielen: Demnach neigen psychotische Patienten dazu, voreilige Schlüsse zu ziehen und die Schuld nur bei einer Sache oder einer Person zu sehen, obwohl ein Ereignis vielschichtige Gründe hat. Zudem haben sie häufig ein sehr negatives Bild von sich selbst. Entsprechend verzerrt und negativ interpretieren sie die Ereignisse in ihrem Leben…
 

Manchmal ist der Wahn eine Bereicherung, die jemand nicht aufgeben möchte. Weil er vielleicht überzeugt ist, durch seine Taten irgendwo auf der Welt etwas Gutes zu bewirken. Oder weil sein Größenwahn ihm gut tut – und er es schafft, seine Umgebung damit in Ruhe zu lassen…«

Es liegt mir fern, Karl Lauterbach oder Kai Nagel mit diesem Text für umfassend beschrieben zu halten. Das würde sie aus ihrer Verantwortung nehmen. Wichtiger scheint mir ohnehin die Überlegung zu sein, warum Menschen, deren Wahrnehmungsfähigkeit sichtlich gestört ist, in diesem Land einen solchen Einfluß und eine so große Macht über Andere haben.

Übrigens, natürlich ging auch die Zahl der Todesfälle seinerzeit zurück:

ourworldindata.org

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